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Predigt
am 16. Sonntag nach Trinitatis (11.09.2016)
um 9 Uhr in Bubenorbis
und um 19 Uhr zur (Süddeutschen) Gemeinschaftsstunde in Michelfeld

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen

2. Timotheus 1,10 (Wochenspruch)

„Jetzt aber ist es offenbart durch das Erscheinen unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium.”

Liebe Gemeinde!

Die drei Teile meiner Predigt haben die Überschriften:

1. Der Tod hat Macht.

2. Der Tod hat Macht,
aber Christus hat größere Macht.

3. Wir sind durch Christus zum Leben gerufen.

***

1.
Der Tod hat Macht.

So sieht die Bibel den Tod, und diese Sicht des Todes wird uns durch die Erfahrung bestätigt.

Alle Menschen, die trauern, haben den Tod als eine Macht erlebt, die in ihr Leben eingegriffen hat.

Dabei dürfen wir nicht nur an andere denken, wir selber sind dem Tod ausgeliefert.

Wenn es sonst bei allem eine Ausnahme gibt, nicht so beim Tod.

Alle 42 Sekunden erlebt ein Mensch auf Erden die Macht des Todes, indem er sterben muß.

Dabei ist es ja nicht so, dass es unbedingt natürlich ist.

Sonst würden ja nur alte Menschen sterben.

Wir erleben die Macht des Todes ganz anders.

Bei Katastrophen, bei Bombenangriffen über Städten, werden nicht nur alte Leute getötet.

Kinder und Jugendliche, Männer und Frauen werden mit den Alten zusammen von der Macht des Todes dahingerafft.

Es ist im Leben so, wie Jesus die Macht des Todes erlebt hat:

er sah das tote Töchterchen des Jairus, er begegnete dem Leichenzug, in dem ein junger Mann zu Grabe getragen wurde, und als der Verwesungsgeruch aus dem Grab des Lazarus ihn anwehte, wusste er: hier hat der Tod die Mach und er kennt keine Ausnahme.

Das wird uns deutlich, wenn wir an die im Krieg gemordeten denken oder an die Opfer von: Unfällen, heimtückischen Krankheiten, Katastrophen und Terroranschlägen.

Gerade so erleben wir die Macht des Todes oft als unnatürlich, und wollen mit der Kraft unserer Seele gegen diese Macht protestieren.

Und der Protest bleibt nicht in Theorie stecken.

Die Menschheit hat dem Tod den Kampf angesagt.

Die Wissenschaft der Medizin tut das ja schon lange.

Aber der Kampf gegen den Tod hat sich doch nur ein sehr bescheidenes Ziel gesteckt.

Es hat sich noch nie darum gehandelt, die Macht des Todes zu brechen und also den Tod abzuschaffen.

Es geht immer nur darum, den Tod, wenn es möglich ist, ein wenig hinauszuschieben.

Mit dieser bescheidenen Zielsetzung haben wir im Grunde gegenüber der Macht des Todes kapituliert.

So können wir nur erklären, dass unter allen Großmächten, die es gibt, der Tod die wahre Großmacht ist;

denn der Tod besiegt alle.

Alexander der Große konnte ein Land nach dem andern erobern und seinen gewaltigen Zug bis nach Indien ausdehnen;

aber als der Tod über ihn kam, da er noch in der Vollkraft seiner Jahre stand, schied er als ein Besiegter vom Kriegsschauplatz.

Napoleon konnte die Völker Europas unterwerfen, aber als er Magenkrebs bekam, musste er sich aufs Sterbebett legen.

In der Tat: der Tod hat Macht, sogar unheimliche Macht.

Diese Sicht der Bibel wird uns durch die Erfahrung bestätigt.

Wir fragen uns: Worin besteht diese Macht des Todes?

Wir sehen: der Tod bringt radikal an ein Ende.

Dabei erleiden wir noch, dass der Tod auch die Beziehungen der Menschen untereinander zerstört.

Mann und Frau, Eltern und Kinder werden auseinander gerissen, und wir können es mit Worten nicht erklären, was hier eigentlich geschieht.

Es lässt sich nur erleiden.

Wir sehen, was abläuft, fühlen den Schmerz, aber erst die Heilige Schrift nimmt uns bei der Hand und führt uns von der Bühne weg, damit wir erkennen, was hinter den Kulissen ist.

Die Bibel sagt uns, dass wir im ganzen Leben Gefangene der Todesfurcht sind.

Dabei geht es in dieser Furcht eben nicht um die allgemeine Lebensangst.

Martin Luther hat es mit Nachdruck ausgesprochen, dass jeder Mensch im Tode ganz einsam ist.

Der andere ist nicht bei ihm.

In dieser Einsamkeit erlebt der Mensch die Gegenwart Gottes.

Und es kommt mir so vor, wie wenn es ein Gericht ist.

Ich fange an zu verstehen:

„der Tod ist der Sünde Sold…”, denn nach der Geschichte vom Sündenfall ist der Tod fest mit unserer Sünde verknüpft.

Erst aus dieser Sicht erkennen wir die eigentliche Macht des Todes; erst so verstehen wir, was die Todesfurcht bedeutet.

Heinrich Hoffmann, der bekannte Prediger der Laurentiuskirche in meiner Geburtsstadt Halle, sagt: „Wenn der Tod nicht in meinen jungen Jahren mich so umwittert hätte, dass ich in manches neue Jahr mit der bestimmten Erwartung eintrat, es müsse nun das letzte sein, weiß ich nicht, ob ich mich je ernstlich um die beiden allergrößten Fragen bekümmert hätte:

Wer ist Christus?

und: Was muss ich tun, dass ich selig werde?

Nur sprechen wir von der Macht des Todes, nicht - um einmal für eine Stunde Schrecken und Angst zu verbreiten, sondern dass diese beiden Fragen die Fragen unseres Lebens werden.”

2.
Der Tod hat Macht, aber Christus hat größere Macht; - denn er hat dem Tode die Macht genommen.

Wir denken an die alttestamentliche Verheißung:

(Hosea 13,14b) „… Tod, ich will dir ein Gift sein; Totenreich, ich will dir eine Pest sein…”

Diese Verheißung ist in Christus erfüllt.

Christus ist der unheimlichen Macht des Todes nicht ausgewichen.

Er kommt in das Haus des Jairus, nachdem der Tod seine Beute geholt hat.

Als er den Leichenzug von Nain kommen sieht, biegt er nicht ein in die nächste Seitenstraße.

Und als er weiß, dass Lazarus gestorben ist, gerade da macht er sich auf, zu ihm zu gehen.

Christus hat die Begegnung mit den uns irgendwie unheimlichen Mächten gesucht:

mit den Sündern, den Kranken, den Toten.

Aber er ist diesen Mächten als Sieger entgegengetreten;

letztlich durch seine Auferstehung, durch die wir an seinem Sieg Anteil haben.

Wie aber sollte der Tod entmachtet werden, wenn nicht der Stachel des Todes, die Sünde, aufgehoben würde?

So ist nun nicht der leibliche Tod aufgehoben worden, sondern im Tod Christi ist die Sünde und damit ist der Tod entmachtet worden.

Die Auferstehung Christi ist die Garantie Gottes für diese Entmachtung.

Auch die Totenerweckungen Jesu sind Signale für diesen Sieg über den Tod.

Wir schauen hinter die Kulissen und wissen mehr, indem wir den Tod nicht mehr nur biologisch ansehen.

Wir lassen uns vielmehr sagen: (1.Kor 15,56)

„Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.”

Gegen diese Not steht nun der Sieg Gottes im nächsten Vers: (1.Kor 15,57)

„Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus”.

So gibt es nun ein Sterben, das eine andere Qualität hat, wie das rein biologische.

Es gibt einige ehrenwerte Gestalten, die sich dafür verbürgen:

So ist Wichern gestorben mit dem Zeugnis:

„Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt über-wunden hat”,

so rief Theodor Fliedner als Sterbender aus:

„Todesüberwinder!”,

oder so ließ sich Vater Bodelschwingh zu seinem Sterben das Lied blasen:

„Jesu, meine Freude …”,

- ein Zeugnis folgt dem andern, dass Christus dem Tode die Macht genommen hat.

Oder wir schlagen unser Gesangbuch auf und lesen die Osterlieder, die Lieder von Tod und Ewigkeit und merken an all diesen Liedern:

Christus hat dem Tode die Macht genommen.

Über den Starken Tod ist der Stärkere Christus gekommen.

Der Tod hat eine unheimliche Macht.

Wir wissen heute um diese Macht.

Wenn wir doch nur auch wissen wollten, dass ein anderer größere Macht hat und dass Christus gekommen ist, dem Tode die Macht zu nehmen!

3.
Wir sind durch Christus zum Leben gerufen.

Wir treten alle in das Leben ein, wie die Gladiatoren in die Arena:

sie grüßten den Kaiser mit dem Ruf:

„Heil Cäsar! Die da sterben sollen, grüßen dich!”

Gegenüber dieser Lebenssicht gibt es nur einen Ausweg:

das Evangelium von Jesus Christus.

Wir sind nicht mehr auf die Gedanken und die Logik von Menschen angewiesen.

Das Naturgesetz, dass keine Energie verloren geht, kann uns gegenüber der Macht des Todes nicht trösten. –

Oder war jener Mann auf dem Sterbebett wirklich getröstet, der sagte:

„Nun werde ich bald aufgelöst, wie ein Stück Zucker sich auflöst im Glas Wasser.

Trotz der Auflösung ist der Zucker noch da.

So werde ich also auch noch da sein im Weltenhaushalt, auch wenn mein Leib verwest.”?

Diese menschlichen Gedanken sind zu klein und entsprechen nicht der eigentlichen Macht des Todes.

Darum wollen wir uns zu der frohen Botschaft rufen lassen, dass Jesus Christus unser Heil ist, durch den uns der Tod aus der Seele genommen wird… - früher sagte man dazu, der uns unsere Sünden vergibt. –

So hat Christus Leben und unvergänglich Wesen an das Licht gebracht durch das Evangelium.

Es kommt für uns nur darauf an, dieses Evange-lium nicht zu übersehen und nicht zu überhören.

„Ein alter Mann scharrt in einem Kehrichthaufen und sucht nach irgendwelchen Überbleibseln.

Während er so scharrt, steht hinter ihm ein Engel mit einer goldenen Krone.

Aber der Mann sieht den Engel und die Krone nicht.

Er denkt immer nur an den Kehrichthaufen und an die Überbleibsel.” (Bunyan)

Was müsste er tun? Er müsste sich umdrehen, dann wüsste er, dass Gott ihm mehr zugedacht hat als die elenden Schätze aus dem Kehricht-haufen. –

Was sollen wir tun?

Eben das, was der alte Mann nicht getan hat: uns abwenden von jener Lebenshaltung, die das Heil in dem Kehrichthaufen menschlicher Gedanken und der Diesseitigkeit sucht, und uns hinwenden zu dem, der Leben und unvergänglich Wesen an das Licht gebracht hat durch das Evangelium.

Amen

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